Eine löbliche Initiative mit Stolpersteinen

Die Fraktion Die Linke im Bundestag hat einen Antrag dafür gestellt, dass der Bundestag sich mit dem Katalonien-Konflikt befassen möge, um zu der Wahrung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit beizutragen, Aus der Sichtpunkt der Katalanen ist das zweifellos eine sehr löbliche Initiative, die mit tiefer Dankbarkeit betrachtet wird. Diese Dankbarkeit, soll aber nicht die Sicht für die Stolpersteine ausblenden, welche die Realisierung des Vorschlages finden würde.

Die Punkten 3 und 5 des Antrags lauten wie folgt:

3.Sich für eine demokratische und zwischen beiden Seiten einvernehmlich ausgehandelte und völkerrechtskonforme Lösung der Katalonien Frage einzusetzen.

5.Sich im Ministerkomitee des Europarates für Initiativen einzusetzen, die auf eine friedliche und demokratische Lösung des Konfliktes abzielen.

Sehr löbliche und -sollte man meinen- logische Anliegen. Da werden aber sehr dicke Bretter zu bohren sein, weil die Standpunkte beider Parteien kaum entfernter sein könnten, wie die geschätzten Leser dieses Blogs schon wissen. Summarisch zusammengefasst sind die Standpunkte so:

Die spanische Politik meint, dass die einzige demokratische Lösung nur innerhalb der Grenzen der spanischen Verfassung liegen darf. Das schließt  eine Trennung Kataloniens vom spanischen Staat absolut aus. Eine Änderung der Verfassung, die ausdrücklich die Selbstbestimmung eines Teils des Staates erlaubt, würde nie eine Mehrheit im spanischen Parlament finden. Deswegen, aus spanischer Sicht, kann ein Dialog nur über die Regelung des weiteren Verbleibs der Region in dem Staat sein. Es wird den Katalanen jedes Recht zur Selbstbestimmung verweigert, und jede Änderung des Status Kataloniens von den Willen der spanischen Gesamtbevölkerung abhängig gemacht. Mit solchen Kriterium wären sehr viele heute existierende Staaten nie unabhängig geworden. Weder die USA, noch die Staaten, die sich von der Sowjetunion oder von Serbien abspalteten, geschweige denn viele in Asien und Afrika.

Die katalanische Politik geht davon aus, dass das Selbstbestimmungsrecht ein internationales Grundrecht ist, das keinem Volk verweigert werden kann, und siht die Ausübung dieses Rechtes als einzige mögliche Lösung, die demokratisch genannt werden kann. Und das betrachtet das katalanische Volk als das einzige politische Subjekt, dass über die politische Zukunft des Landes entscheiden darf. Deswegen sind die katalanischen Politiker jederzeit bereit, über eine „einvernehmlich ausgehandelte Lösung“ mit Madrid zu reden. Für die Katalanen aber kann diese Lösung nur ein Referendum mit internationalen Garantien sein, in dem die katalanische Bevölkerung zwischen zwei Wegen wählen darf. Einerseits die Unabhängigkeit (welche aber keineswegs Modalitäten ausschließen würde, welche die Folgen für Spanien erträglich machen können); und andererseits, ein sehr konkret formulierter Vorschlag wie sich die spanische Politik den Verbleib Kataloniens im spanischen Staatsverband vorstellt. Dieser Vorschlag sollte aber einschließen, dass falls irgendwann Spanien die angebotenen Bedingungen wieder teilweise zurücknehmen würde, Katalonien das recht hätte, sofort die Unabhängigkeit auszurufen und hinterher diesen Schritt von der Bevölkerung bestätigen zu lassen.

Der Grund dafür sollte für jeden Kenner des Konfliktes klar sein. Die Verfassung von 1978 ist von den spanischen Regierungen immer wieder so restriktiv wie möglich angewendet worden. Zusagen und Vereinbarungen (politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Art) sind allzu oft nicht eingehalten worden. Maßnahmen, die für das weitere  wirtschaftliche Gedeihen der Region sehr wichtig sind, sind auf den Sankt-Nimmerleinstag vertagt worden. Im Laufe der zeit ist das Vertrauen der Katalanen  in die Versprechungen der spanischen Politik vollkommen zerstört worden. Und es hat auch nicht geholfen, dass Spanien die katalanische Autonomierechte aufhob, sich auf einen Artikel (155) der Verfassung berief, dass die von Madrid getroffenen Maßnahmen nicht im mindesten autorisierte; auch nicht, dass in der Madrider Skandalprozess gegen 12 führende katalanische Figuren Lügen und Meineide zuhauf ein hartes Urteil rechtfertigen sollen. „Ein Stück aus dem Tollhaus“, „Eine Schmierenkomödie“, „eine große Farce“ und ähnliche Worte sind von vielen Beobachtern für diesen unsäglichen Prozess zu Recht benutzt worden.  Und in einem Staat, wo so etwas möglich wird, wollen immer weniger Katalanen verbleiben.

Die Autoren der Initiative, und der ganzen Bundestag, wenn sie angenommen wird, sollen sich dieser Stolpersteine bewusst sein. Der Drang der Katalanen zur Unabhängigkeit ist eine Folge der Behandlung der Region durch den spanischen Ultranationalismus. Und für diesen ist „die Heilige Einheit Spaniens“ fast eine Religion, die nicht von Demokratie, Menschenrechten und ähnlichen Faktoren in Frage gestellt werden kann. So ist die jetzige vertrackte Lage  entstanden. Der Konflikt auf ein logisches, pragmatisches, demokratisches Niveau wieder zu bringen, wird keine leichte Aufgabe.

Ein Kommentar

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