Stimmen eines Volkes (2)

Wie angekündigt, möchte ich noch einige der Schlussworte der Angeklagten in dem Madrider Skandalprozess gegen katalanische, politische Gefangene wiedergeben. Die Worte dieser untadeligen Frauen und Männer unterstreichen, wie schändlich die Demokratie (wenn es um Katalonien geht) in Spanien behandelt wird.

(Dolors Bassa, Ministerin für Arbeit, Soziales und Familie) : „…Wir konnten nicht die Forderung von 80 % der Bevölkerung, die eine Abstimmung wünsche, ‚ungehorsam‘ in den Wind schlagen (…) Und das ist es, was wir taten, denn so lautete unser demokratisches Mandat, und ‚Ungehorsam‘ wäre es gewesen mit einem Wahlprogramm anzutreten und es dann nicht einzuhalten! Ich möchte sagen, dass ich in meiner gewerkschaftlichen Verhandlungsmentalität immer davon ausging, dass es sich, wenn es einmal eine Spannung gab, wenn es zu irgendeinem Zeitpunkt eine politische Spannung gab, um einen vorübergehenden politischen Konflikt handelte, und unser Weg nach vorn darin bestand, zu verhandeln, er also sehr weit entfernt von dem, was manche uns vorwarfen, eine verfassungsmäßige Ordnung in Schach zu halten, Deshalb habe ich Gewalt immer, immer abgelehnt und sie nie gefördert. Deswegen ist es wahr, dass Sie überhaupt nichts finden werden, kein einziges Wort, nicht eine einzige Beweisführung, weder in den sozialen Netzwerken noch in irgendeinem Interview, dass sich auf Gewalt bezöge oder sie förderte…“ https://www.change.org/p/12429466/u/24906452

(Jordi Sánchez, Vorsitzender der Bürgerbewegung ANC und gewählter Abgeordnete im spanischen Parlament) : „…Es ist unfair gegenüber diesem Gericht, dass es ein Problem rein politischer Natur lösen muss. Ich denke Sie haben keine Lösung für das Problem, dass Ihnen zugekommen ist. Die Justiz ´kann kein politisches Problem lösen. Aber es ist wahr, dass Sie die Verantwortung haben, die politische Krise nicht zu verschärfen. Und das ist keine Kleinigkeit.  (…) Das Überraschendste an diesem Prozess war die Verleugnung der Realität, die Verleugnung der Wahrheit durch die Anschuldigungen, insbesondere durch die Staatsanwaltschaft und Vox  (…)Einige von uns haben es [Der 1. Oktober] als einen großen Akt des Ungehorsams definiert, der wichtigsten in Europa, wenn man die Menschen betrachtet, die teilgenommen haben, mehr als zwei Millionen Menschen. Ich weiß nicht ob es sich um einen Akt des Ungehorsams handelte, zu dem kein Gericht den Bürgern die Stimmabgabe verbot, aber es war ein Akt der Bekräftigung ihrer Würde. Und das ist worüber Sie richten müssen. Und bewerten, inwieweit das Recht auf Protest, auch auf Meinungsverschiedenheiten, legitim ist. (…) Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass es der Mehrheit in Katalonien gelingen wird, mit Wahlurnen eine demokratische Tür zu öffnen, denn Wahlurnen können nie eine Bedrohung für die Demokratie sein. Die Wahlurne ist kein Instrument eines Staatsstreichs. Nie. Niemals! Und in Katalonien wird es Wahlurnen geben, und wir werden wählen, und wir werden ein Abkommen mit dem spanischen Staat vereinbaren, denn es ist das einzig Zivilisierte, was uns erlaubt, in die Zukunft zu schauen, ein politisches Abkommen.“   https://www.change.org/p/sergio-mattarella-presidente-della-repubblica-italiana-presidente-della-repubblica-italiana-solidarit%C3%A4t-mit-katalonien-f%C3%BCr-das-recht-auf-friedliche-selbstbestimmung/u/24852793

(Josep Rull, Minister für territoriale Entwicklung und Nachhaltigkeit) : „…Es gibt einige Fragen, die in diesem Strafprozess gestellt werden müssen : Ist das ein Prozess über Ideen oder ein Prozess über Fakten? Wie geht die Politik mit einem Problem politischer Natur um? Und das Wichtigste, das Relevanteste: Wie reagiert der Rechtsstaat auf die demokratische Herausforderung, die in Katalonien und Spanien aufgeworfen wurde und in diesen Augenblicken aufgeworfen wird? Und ich fürchte, die Antworten fallen nicht allzu positiv aus, sie sind nicht allzu gut. (…) Bisher haben Sie mit Ihren Beschlüssen , mit meiner Inhaftierung beschlossen, dass ich meine beiden Kinder Bernat, 10 Jahre alt, und Roger, 4 Jahre alt, nicht heranwachsen sehen kann. Aber was auch immer der Inhalt des Urteils sein mag, das Sie am Ende fallen, sie werden mich nicht daran hindern, ihnen etwas Außergewöhnliches zu hinterlassen: die Würde, edle und rechtmäßige Ideen verteidigt zu haben. Sie werden mich nicht daran hindern, ihnen ein Zeugnis unseres Engagements, unseren demokratischen, zähen, unermüdlichen und leidenschaftlichen Kampfes abzulegen, damit sie morgen in einem besseren Land, in einem freien Land, in einer katalanischen Republik leben können, in der es einfach unmöglich ist, dass jemand inhaftiert wird, weil er seine Ideale friedlich verteidigt hat. Wir eignen uns das universelle „We shall overcome“ an, wir werden uns durchsetzen, weil diese Riesenwelle von Freiheit und Hoffnung unaufhaltsam ist, weil Hoffnung mächtiger als Angst ist, weil nach uns immer mehr kommen werden. Es gibt nicht genug Gefängnisse, um die Sehnsucht nach Freiheit eines Volkes einzuschließen, so einfach, so klar, ist das. “ https://www.change.org/p/12429466/u/24873957

(Raul Romeva, Minister für Äußere Angelegenheiten) : „…Auch durch tausendfache Wiederholung wird eine Lüge nicht zur Wahrheit (…) Die Kläger haben versucht einen gedanklichen Rahmen zu konstruieren, der auf dem Vorhandensein  eines irrationalen Hasses gegen Spanien, gegen alles Spanische und gegen den Staat basieren soll. Aus meines Sicht ist dies jedoch, wie wir gezeigt und argumentiert haben, nicht nur trügerisch sondern auch unverantwortlich. Es ist trügerisch, weil sie keinen einzigen Beweis, keinen einzigen, beibringen konnten um einen solchen ‚Hass‘ seitens derjenigen zu zeigen, die wir hier auf der Anklagebank sitzen. Keinen. Null. Wenn sie denn jemals zuhörten, wenn sie sich die Mühe machen wollten sich in die zwei Millionen Menschen einzufühlen, die seit Jahren zivilisiert, friedlich und demokratisch demonstrieren (…) wenn sie die Tausende von Briefen läsen, die sie uns ständig schicken und die wie in diese Einsamkeit unserer Zellen lesen, sähen sie ohne Zweifel, dass es kein Hass ist, der all diese Menschen bewegt, ganz und gar nicht! Aber es ist außerdem auch unverantwortlich, weil der Hass nie etwas aufgebaut hat, er hat nie etwas gelöst, er erzeugt nur mehr Hass und dient nur dazu, diejenigen zu ernähren, die genau von diesem Hass leben. (…) Wir appellieren, ich appelliere, ich rufe inständig alle Demokraten im spanischen Staat und darüber hinaus auf, gemeinsam eine Realität aufzubauen, in der es keine politischen Prozesse gibt, in der es keine politischen Gefangenen gibt. Denn heute sind wir es, aber morgen kann es jeder sein, wenn wir das unterstützen, wenn wir das akzeptieren, morgen kann es jeder sein…“                                                                               https://www.change.org/p/12429466/u/24854672

(Joaquim Forn, Innenminister) : „… Ich habe während dieses Prozesses hinreichend bewiesen, dass ich zur Zusammenarbeit bereit bin. Das war schon immer meine Absicht, und ich beziehe mich auf meine Handlungen (…) Es ist war, dass ich meinen Idealen treu bleibe. Ich glaube nicht, dass dies ein Verbrechen ist. Ich habe vielleicht Fehler gemacht, aber auf keinen Fall habe ich die Sicherheit der Bürger gefährdet. Ich glaube und kämpfe weiterhin für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit. Weiterhin glaube ich und verteidige das Recht Kataloniens auf Selbstbestimmung, Dialog und Achtung der Pluralität als den einzigen Weg zur Konfliktlösung. Ich meide und verurteile Intoleranz und jede gewalttätige Einstellung oder Handlung. Auch nach neunzehn Monaten im Gefängnis stehen diese Ideale und meine politische Grundsätze fest. Heute bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass wir nur im Dialog in der Lage sein werden, den politischen Konflikt, in dem wir uns befinden, zu lösen“.  https://www.change.org/p/12429466/u/24848939

Und Europa schaut immer noch woanders hin…

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2 Kommentare

  1. Wolfgang Dewor

    Ich weiss, dass ich mich wiederhole, abertrotzdem: wo bleibt die Stimme derjenigen, die diese Separation nicht wollen? Reicht eine Mehrheit von 2-3% aus ?

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    • Pere Grau Rovira

      Ich erlaube mich auch mich zu wiederholen und möchte wieder an die letzten verlässlichen Umfragen hinweisen: 48 % für die Unabhängigkeit, 32 % dagegen und 20 % Gleichgültige, die sich der Stimme enthalten würden. Das gäbe für die Unabhängigkeit ca. ein 60 % der gültigen abgegebenen Stimmen. Und nach allen Regeln, die in demokratische Länder angewendet werden, wäre das ein unanfechtbarer Ergebnis. Und davon hat Spanien eben Panik.

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