Utopische Träume und nackte Tatsachen

Am letzten 6 Februar haben sich die Regierungschefs von Spanien und Katalonien, Sánchez und Torra, in Barcelona getroffen und etwa 1,5 Stunden ein erstes Gespräch geführt. Der Zweck davon war (ohne viele Hoffnungen auf Erfolg), die Möglichkeiten für die Lösung des katalanischen Konfliktes auszuloten. Viele Kommentare in der europäischen Presse sehen so aus als ob jetzt endlich alles auf dem besten Weg wäre und beide Seiten „vernünftiger“ geworden wären.  Und darüber kann man sich nur wundern. Das einzige ´das geschehen ist, ist dass der spanische Regierungschef, genötigt durch seine Abhängigkeit von den katalanischen Stimmen im spanischen Parlament, getan hat was er lange Zeit absolut nicht machen wollte: in zivilisierter Weise mit dem katalanischen Regierungschef einen Dialog anzufangen. Dabei ist der Ton besser geworden, aber die Positionen sind so unvereinbar wie eh und je. Und die Hoffnungen vieler europäischer Beobachter sind nicht anderes als utopischer Träume.

Die nackten Tatsachen sind, dass die Katalanen (nach so vielen leidigen negativen Erfahrungen) nichts anderes akzeptieren können als die Anerkennung ihrer Selbst-bestimmungsrechts, und eine breite Amnestie für alle Gefangenen, Exilierten und andere Opfer der Willkür und der Rache der spanischen Justiz. Und dass die Spanier nichts anderes vorschlagen werden als eine etwas verbesserte Modalität des jetzigen Status quo. Wobei einiges schon so oft versprochen und nicht erfüllt worden ist dass es schon nach Märchenstunde klingt.

Das es leider so ist, hat damit zu tun, dass die Meinung der Mehrheit in Katalonien und die der Mehrheit im Rest Spanien so konträr sind, dass die jeweiligen Politiker von ihren Wählern weggefegt werden würden, wenn sie  zu weit die Bedingungen  der anderen Seite akzeptieren würden.

Es ist sehr lehrreich einige Umfragen der letzten Zeit zur Kenntnis zu nehmen, die diese Tatsachen erleuchten. In diesen Umfragen wurden folgenden Fragen gestellt, mit den jeweiligen Ergebnisse in Katalonien und im Rest Spanien:

Was hat Katalonien an Autonomie?

Zu wenig?                           Cat: 62,4 %           Spanien:   12,2 %

Gerade genug?                           24,6 %                              26,1 %

Zu viel?                                          8,7 %                               51,1 %

Keine Antwort                              4,3 %                              10,6 %

Was ziehen Sie für Spanien vor? (nur im Restspanien gefragt):

Einen zentralistischen Staat ohne Autonomien?            21 %

Mit weniger Autonomie für die Regionen?                      16,6 %

Den jetzigen Status quo?                                                      32 %

Mit mehr Autonomie für die Regionen?                            15,7 %

Mit mögliche Unabhängigkeit der Regionen?                     6,6 %

Keine Antwort                                                                            7 %

( https://www.vilaweb.cat/noticies/fantasies-federalistes-conflicte-catalunya-espanya-no-resoldre-reforma/ )

Die Schlussfolgerung dieser Umfragen ist für die Analysten, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt: der jetzige Status quo oder die einseitige Erlangung der Unabhängigkeit. Alles andere (einschließlich föderale Lösungen) sind (wenigstens zur Zeit) nur utopische Träume. Und aus Europa sollte man in dieser Lage, wenigstens auf die Achtung der Grundprinzipien der Demokratie und der Menschenrechte in Spanien achten, und die Willkür der spanischen Rachejustiz gegen Katalonien nicht schweigend durchgehen lassen. Das wäre ein erster schritt in Richtung einer friedlichen Lösung des Konfliktes.

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