Spanische Un-justiz

Allmählich wird in Europa bekannt, dass die spanische Justiz, d.h. die verschiedene Hohen Gerichte  des Staates, mit einer Mehrheit von ultranationalistischen Richtern, alles andere als ein Muster demokratische Tugenden sind. Ihre Misserfolge vor den europäischen höheren Instanzen, haben es mehrmals ständig bewiesen. Diese haben sie aber nicht gelehrt, ihre Funktion als politisierten Arm der spanischen Machthaber aufzugeben, um  mit juristischen Mitteln zu versuchen, was mit politischen nicht zu erreichen ist.

Jetzt ist wieder ein Vorgang aktuell, der zeigt, dass sie wieder skrupellos bereit sind, Diffamierung und Rufmord von tadelllosen Leuten zu betreiben, Gegenbeweise zu ignorieren und Meineide zu akzeptieren oder sogar anzustiften. Das anvisierte Opfer ist der spanisch-chilenische Anwalt Gonzalo Boye. Boye ist der bedeutendsten Rechtsberater der katalanischen Exilpolitiker, vorallendingen von Präsident Carles Puigdemont. Er ist auch der Hauptarchitekt der juristischen Strategie, die zu den Erfolgen vor europäischen Gerichten und das entsprechende Debakel der spanischen geführt hat. Und das wird ihm nicht verziehen. Schon vor einiger Zeit wurde es versucht, Herrn Boye mit Machenschaften beim Drogen Handel und Geldwäsche in Verbindung zu bringen. Boye konnte aber unwiderlegbare Beweise für seine Unschuld präsentieren. Sein Büro hatte zwar mal in einer sehr konkreten und normalen Rechtsfrage einen Klient beraten, gegen den später wegen mögliche Kontakte mit dem Drogenhandel ein Verfahren eröffnet wurde. Aber weder Boye noch seine Mitarbeiter hatten je damit zu tun. Unbeachtet dessen wird jetzt wieder versucht, ihm doch diese Delikte  anzulasten. Mit welche dubiosen, ja kriminellen Mitteln das geschehen soll, bleibt abzuwarten. Der Staatsanwalt der Antidrogen Behörde bittet für Boye neun Jahre Haft und eine Geldstrafe von 2,7 Millionen Euro.

Die spanische „Un-justiz“, wie man sie realistisch nennen darf, kann wahrscheinlich bald über ein erweitertes Tätigkeitsfeld  verfügen. Wie ich hier vor kurzem berichtete („Lex Cataloniae“, 17.11.22) bringt die Reform des Aufruhrdeliktes mit sich die Möglichkeit, Leute zu bestrafen, die nur ihr Meinungs– und Demonstrationsrecht  ausgeübt haben. Am nächsten 6.12. wird in Barcelona wieder eine Massendemo gegen dieses geplanten Gesetzes stattfinden. Aufgerufen dazu hat die ANC (Katalanische National Vereinigung), eine der größten Zivilvereinigungen Europas überhaupt, mit abertausenden Mitgliedern. Dabei soll an den katalanischen Parteien mit Sitzen im spanischen Parlament appelliert werden, gegen dieses Gesetz zu stimmen.

Und jetzt lohnt es sich einen Blick darauf zu werfen, was den Demonstranten blühen könnte, wenn dieses „Gesetz gegen erhöhte öffentliche Unordnung“ schon in Kraft wäre. Mit den gewollt vagen Bestimmungen des Gesetzes wäre es möglich, gegen willkürlich ausgesuchte Demonstranten Anklage zu erheben und Haftstrafen von mindestens drei Jahren zu beschließen. Und Arbeiter der staatlichen, regionalen oder lokalen Behörden, sowie Personen mit öffentlichen Verwaltungs- oder politischen Posten, die sich daran beteiligt hätten, mit einem Berufsverbot von drei bis fünf Jahren für die erste Gruppe und von sechs bis acht Jahre für die zweite zu belegen. Es würde reichen, dass sich ein Polizist als schief angeguckt betrachtet fühlte und das als Widerstand gegen die Ordnungskräfte anzeigen würde um das ganze Unrecht in Gang zu setzen.

Das ist leider keine Übertreibung. Beispiele davon hat es genug in den letzten Jahren gegeben. Es wäre zu wünschen, das, falls dieses unselige Gesetz in Kraft treten würde, Europa das erkennt als das was es sein würde: ein undemokratisches Werkzeug, um der Bevölkerung durch Einschüchterung die Ausübung von elementaren Grundrechten zu verbieten. Und in der Fall von Gonzalo Boye bleibt nur die Hoffnung, dass die „Un-justiz“ ihre Absicht Boye ins Gefängnis zu werfen, nicht erreicht, oder auch, dass Boye nicht auch im Exil enden muss wie seine prominenten Mandanten. Das wäre ein Skandal ohnegleichen. Noch einer in der langen Kette der spanischen Justizskandale der letzten Jahre.

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