Im Königreich Fantasia

Liebe Leser: Da demnächst ein kurzer Krankenhausaufenthalt mich einige Tage hindern wird, diese Seiten in dem gewöhnten Rhythmus weiter zu gestalten, werde ich heute nicht nur von der „großen Farce“ des Skandalprozesses, sondern auch von einer anderen Varianten der Lügengeschichten, welche in diesem Fantasia Land Spanien als wahrer als das Evangelium oder die Newton-Gravitationsgesetze den Leuten verkauft werden.

Bei dem Prozess haben zuletzt mehrere der unmittelbaren Hauptakteure des Oktobers 2017 ausgesagt. Es waren (alle: ehemalige) der Staatssekretär für Sicherheit Nieto, der Delegierte der spanischen Regierung in Katalonien Millo, der Chefkoordinator des polizeilichen Einsatzes Pérez de los Cobos, der Chef der spanischen Polizei in Katalonien Trapote und noch ein paar zweitrangige Figuren. Alle miteinander haben so gelogen, dass sich die Balken bogen. Die Videos vom 1. Oktober 2017 mit den brutalen Aktionen der spanischen Polizei sind in der ganzen Welt gesehen worden. Das zählt aber überhaupt nicht. Laut der Aussagen dieser erbärmlichen Beamten, hat sich die Polizei nur „mit auserlesener Vorsicht“ vor den Angriffen des Mobs verteidigt, und nur die Wahlurnen zu entfernen versucht; sie (die Polizei) hat auch keineswegs auf alte Leute eingedroschen, und insgesamt nur minimale Kontusionen verursacht. Als ob es nicht hunderte von Videos gäbe, die das Gegenteil beweisen, als ob es nicht einen detaillierten wissenschaftlichen Bericht  über die Ergebnisse der polizeilichen Brutalität gäbe (siehe den Artikel “ Eine  unauslöschliche Schande“ vom 7.02.19 in diesen Seiten). Bei diesen Märchenerzählern haben die Anwälte der Anklage jede mögliche Unterstützung des Tribunals für ihre dreist suggestiven Fragen bekommen. Die Anwälte der Verteidigung jedoch wurden stets unterbrochen, es wurden ihnen vielen Fragen verboten („weil  sie nichts zur Sache beitrugen“) und genauso wurde es von dem Gerichtsvorsitzenden abgelehnt, die Zeugen mit den Videos zu konfrontieren, welche ihre unverschämten Lügen als solche entlarvt hätten. Die internationalen Beobachter, die trotz der ihnen gestellten Hindernisse den Prozess verfolgen, haben mehrmals ihr Erstaunen und ihre Empörung wegen des Verlaufs dieser juristischen Farce geäußert. Aber das kratzt die spanischen Machthaber und ihren willigen Richter überhaupt nicht. Und aus Brüssel hört man weiter das ewige Lied   des „Rechtsstaates Spanien und ihre internen Angelegenheiten“. Alles unvorstellbar schmerzlich für den (bis jetzt) so Europaüberzeugten Katalanen.

Abseits des Prozesses werden auch andere himmelschreiende Märchen erzählt, die die Brüder Grimm aus Neid erblassen lassen würden. Einer der unverschämtesten geht so: da aufgrund der Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung der katalanische Ministerpräsident abgesetzt wurde, wurde dann der spanische Regierungschef Rajoy automatisch neuer Ministerpräsident Kataloniens und als  solcher hatte er das Recht das katalanische Parlament aufzulösen und Neuwahlen in der Region auszurufen. Wie es eine große Zahl von namhaften spanischen Juristen erklärt haben (u.a. ein ehemaliges, emeritiertes Mitglied des spanischen Verfassungsgerichts), hat die Anwendung des Artikels 155 Grenzen und ist keineswegs ein Blankoscheck, der der Zentralregierung alles Erdenkliche erlaubt, wie es die spanischen Machthaber gehandhabt und die komplizenhaften Richter erlaubt haben. Oder wie jetzt die Chefs der konservativen Parteien anscheinend denken und mit einer noch härterer Anwendung drohen, wenn die katalanischen Behörden es wagen würden, sich dem willen des spanischen Ultranationalismus zu widersetzen. Laut der genannten Juristen:

Artikel 155 erlaubt NICHT den Ministerpräsidenten einer autonomen Region abzusetzen und auch nicht einen neuen automatisch zu ernennen.

Artikel 155 erlaubt NICHT das Parlament einer autonomen Region aufzulösen.

Artikel 155 erlaubt NICHT dass die Zentralregierung in einer autonomen Region Neuwahlen ansetzt.

Und deswegen war alles, was die spanische Regierung in Katalonien unter dem Mantel des Artikels 155 unternommen hat, eine klare Verletzung der spanischen Verfassung. Und deswegen halten die meisten Katalanen weiter Präsident Puigdemont für den legitimen Regierungschef Kataloniens.

Der frühere spanische Ministerpräsident Rajoy hat mal öffentlich gesagt, dass die Einheit Spaniens über jedwede andere existierende Gesetze steht (also auch über die Verfassung). Politiker und Richter in diesem Königreich Fantasia glauben anscheinend, dass die Einheit Spaniens auch über der Wahrheit steht. Das von ihnen hintergangenen spanischen Volk würde wahrlich eine andere Sorte von Regierenden und Richtern verdienen.

2 Kommentare

  1. Jacobo

    Lieber Pere, Sie sollten sich besser informieren, bevor Sie solche falschen Behauptungen aufstellen. Ihre Artikel sind eine Ansammlung von Lügen und voller Demagogie! Lesen Sie mal was der Artikel 155 der spanischen Verfassung alles kann…Viele Spass!
    https://www.diarioinformacion.com/nacional/2017/10/16/pasara-aprobacion-articulo-155/1946671.html
    https://www.focus.de/politik/praxistipps/katalonien-krise-artikel-155-der-spanischen-verfassung-das-bedeutet-er_id_7702232.html
    https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/afxline/topthemen/hintergruende/article169507850/Der-Artikel-155-der-spanischen-Verfassung.html
    https://www.merkur.de/politik/spanische-verfassung-was-bedeutet-artikel-155-zr-8813264.html

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    • Pere Grau Rovira

      Sehr geehrter Herr Brenner,
      Der Artikel 155 kenne ich fast auswendig. Der besagt, dass die spanische Regierung wird Maßnahmen ergreifen dürfen, um den Autonomien sogar zwangsweise dazu zu bringen ihre Pflichten zu erfüllen. Das ist aber kein Blankoscheck, weil im 155.2 präzisiert wird: „Um diese Maßnahmen durchzuführen wird die Regierung den Behörden der autonomen Regionen Unterweisungen geben können“. Das heißt das die Regierung in Madrid den katalanischen Institutionen Handlungen verbieten kann und in Falle des Ungehorsams evtl. auch ihre Ordnungskräfte verhältnismäßig dafür einsetzen. Und wenn die angemahnten autonomischen Behörden nicht gehorchen, wohl ein Verfahren wegen Ungehorsam gegen sie eröffnen.
      Aber kein Wort davon, dass jene Behörden abgesetzt oder aufgelöst werden können, weil dass eben mit den verfassungsmäßigen Autonomierechten der Regionen nicht kompatibel ist.
      Das heißt also, dass Madrid sehr wohl ein Verfahren gegen Ungehorsam gegen den katalanischen Politikern hätte eröffnen können. Das aber schließt keine Haftstrafe ein, sondern höchstens, nach entsprechenden Verfahren, ein zeitweiliger Verbot öffentliche Ämter zu bekleiden.
      Dabei teile ich die Meinung von ca. 3 Millionen Katalanen mit. Alles Lügner? Ich meine, dass Lügner jene sind (wie diese Zeugen im Prozess) , die Fakten und Beweise verleugnen, die alle Welt sehen konnte. Und Demagogie? Das ist was die Vorsitzende von PP. Ciudadanos, Vox, etc. machen. Bei ihnen schon wenn sie der Mund aufmachen bleibt die Wahrheit gleich auf der Strecke.

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