Ein schlechter Witz

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat vor kurzem den Katalanen angeboten, dass sie doch in einem Referendum abstimmen könnten. Aber nur über ein neues Autonomiestatut, auf keinem Fall über Selbstbestimmungsrecht und Unabhängigkeit, „weil das von der spanischen Verfassung nicht erlaubt wird“. Das ist nicht nur ein schlechter Witz, sondern sogar ein doppelter. Erstens, weil Artikel 10.2. der Verfassung, welcher die Priorität der von Spanien ratifizierten Internationalen Pakte über Menschenrechte über die Normen der Verfassung festschreibt, ein Unabhängigkeitsreferendum sehr wohl erlauben würde, obwohl die spanische Politik sich dagegen blind und taub stellt. Und zweitens, weil für die Mehrheit der Katalanen ein Autonomiestatut etwas ist, das unwiderruflich  in der Vergangenheit gehört. Und dafür, dass es so gekommen war, ist es niemand anderes schuldig als die Politiker in Madrid, die nie Katalonien eine wirklich ausreichende Autonomie gewährt, ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, und letztlich das Statut in ein nutzloses Papier verwandelt haben. Wieso sollen gerade jetzt die Katalanen neues vertrauen zu Herrn Sánchez haben, zu jemandem, der die ungesetzliche Intervention des Staats in Katalonien unterstützt hat, und jetzt wieder damit droht wenn die Katalanen nicht brav bleiben?

Viele gut meinende aber schlecht informierte Europäer haben immer wieder so ein Statut mit erweiterten Rechten für Katalonien als eine mögliche Lösung des Konflikts angesehen. Deswegen sei es erlaubt, dass wir hier eine Übung in „Politikfiktion“ machen und ganz kurz anschauen, ob so ein Statut überhaupt Zustandekommen könnte . Und je mehr man sich die Details und die Voraussetzungen vorstellt desto mehr kommt man zu der Erkenntnis, das der Vorschlag von Herrn Sánchez nicht nur ein schlechter Witz ist, sondern sogar eine einfache Verhöhnung des Urteilsvermögens der katalanische Bevölkerung. Was ist damit gemeint?

1.Die erste Voraussetzung, um über einen solchen Vorschlag überhaupt zu reden und als Zeichen des guten Willens seitens der spanischen Regierung, wäre die bedingungslose, sofortige Freilassung der politischen Gefangenen, die freie Rückkehr der Exilierten, die Niederschlagung der willkürlichen Anklagen gegen mehr als 1-000 friedliche Bürger, und die totale Zurückerstattung aller verhängten Geldstrafen. Wenn die spanische Justiz ein williges Werkzeug der Politik gewesen ist, könnte die Politik auch hier das Ende dieser Verfolgungen bestimmen. Danach sieht es aber gar nicht aus.

2.Der Text  eines neuen Autonomiestatuts würde Madrid schreiben müssen, da keiner der maßgebenden katalanischen Politikern sich dafür instrumentalisieren lassen könnte, ohne ihren politischen Selbstmord zu riskieren. Und dann geht es los. Ein Text, der wenigstens die Katalanen vielleicht an den Verhandlungstisch bringen könnte, sollte dem Zentralstaat ganz wenige Befugnisse in Katalonien zugestehen, und faktisch Katalonien als einen mit Spanien konföderierten Freistaat verwandeln. Das würde von den konservativen Volkspartei und von den Rechtsextremen der Partei Ciudadanos nie und nimmer akzeptiert werden, und damit keine ausreichende Mehrheit im spanischen Parlament bekommen. Wiederum, ein Text, der mit Hängen und Würgen von diesen Parteien akzeptiert würde, könnte nur geringfügige, meistens kosmetische Aufbesserungen enthalten, die wie gehabt der Zentralstaat sowieso nach Belieben  ignorieren würde. Und so was hätte nicht die geringste Möglichkeit eine Mehrheit in einem Referendum in Katalonien zu erreichen.

Der öffentliche Vortrag von Kataloniens Ministerpräsident Torra, am 4.09.18 im katalanischen National Theater in Barcelona, ließ keine Zweifel daran, dass die katalanischen Institutionen weiterhin zu Verhandlungen bereit sind, aber nur um die Modalitäten eines bindenden Selbstbestimmungsreferendums mit internationalen Garantien zu bestimmen, in Einklang mit den Internationalen Pakte für Menschenrechte und der Europäische Konvention für Menschenrechte. Für andere realitätsferne Lösungen ist die Uhr schon längst abgelaufen.

Am nächsten 11.09.18, dem nationalen Feiertag Kataloniens, wird in Barcelona wieder eine große Kundgebung mit hunderttausenden Teilnehmer stattfinden, die für die Verwirklichung der Republik demonstrieren werden. Die spanische Regierung hat -absolut unnötigerweise- die Versetzung von 900 zusätzlichen spanischen Polizisten nach Barcelona angeordnet „um mögliche Unruhen vorzubeugen“, Da in allen vorliegenden Jahren diese Demos vollkommen friedlich verlaufen sind, wären die einzigen möglichen Unruhen diejenigen, die von kleinen Gruppen von spanischen Ultranationalisten kommen könnten, und um diese zu unterbinden reicht allemal die katalanische Polizei vollkommen aus. Kein Wunder, dass in Katalonien diese Maßnahme als eine Provokation und eine Drohung angesehen wird. Also nicht gerade eine günstige Voraussetzung dafür, das Vertrauen der Katalanen in Madrid irgendwie wieder sprießen zu lassen.

3 Kommentare

  1. Jacobo Brenner

    Welch ein Demagoge Sie sind! Sie und die ANC sind die Lügenmaschine der katalanischen NaZionalisten. Lieber Pere, wo ist Ihre libertad de expresión? Warum publizieren Sie nicht meine Kommentare? Sie haben Angst, dass die Leser Ihrer Seite auch andere Sichtweisen des Spanien/Katalonien Konfliktes erfahren? Das ist Zensur!! Aber, keine Sorge, es gibt andere Plattformen um diesem Lügenwahnsinn der Nationalsiten entgegen zu wirken..

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  2. Anne Schmit

    Lieber Jacobo Brenner
    Vielen Dank für diesen Kommentar. Es ist beruhigend zu sehen, dass noch ehrliche Menschen auf diesem Planeten gibt. Ich kann immer noch nicht glauben, dass dieser Blog existiert.. Schrecklich…
    Das Erstaunliche daran ist, dass sie tatsächlich diesen Worten glauben. Alles, was der „Führer“ sagt, ist die absolute Wahrheit… Es kommt bekannt vor…

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