Über meine Person und über diese Seite

Ich bin 1930 in Barcelona geboren. Meine Schulzeit stand unter dem Schatten der Franco Diktatur, das heisst, dass ich meine Sprache, Katalanisch, -die aus dem öffentlichen Leben verbannt war- nicht in der Schule lernen konnte und ich sie nur indirekt und fehlerhaft durch einige geretteten Bücher und alte Zeitschriften lernte. Ich absolvierte die Handelshochschule (in etwa entsprechend der deutschen BWL), arbeitete als Büroangestellter, und als Autodidakt interessierte ich mich immer mehr für Kunst und Literatur. Ich lernte dann richtig Katalanisch in Unterrichtsstunden für Erwachsene, die ein unerschrockener katalanischer Schriftsteller untergrundartig organisiert hatte, und gab später die erworbenen Kenntnisse weiter an junge Leute meines Alters auf dieselbe Weise hinter verschlossenen Türen.

Eine damalige minimale Öffnung des Regimes machte allmählich möglich das Erscheinen von einigen Bücher auf Katalanisch, meistens Lyrik, die dem Regime weniger gefährlich erschien. Dadurch konnte ich unsere Dichter lesen und schätzenlernen und habe ich mich selber als Jungdichter gewagt. Ich gewann damals mit meinen Gedichten zwei bescheidene Preise und einen Dritten gewann ich später 2002 schon als alter Mann.

1960, entmutigt und genervt von den persönlichen Beschränkungen des Lebens unter der Diktatur, emigrierte ich nach Deutschland, wo ich seitdem in Hamburg lebe und geheiratet habe. Ich habe aber ständig die Ereignisse in meiner Heimat verfolgt und in Deutschland immer versucht, wenn die Information über Katalonien in den deutschen Medien meines Erachtens nicht korrekt war, höflich darauf hinzuweisen und eine Gegendarstellung angeboten.

Und das ist weiterhin der Sinn dieser Webseite. Eine immer noch wachsende Zahl von Katalanen hat es satt bekommen, Opfer einer aberwitzige spanischen Politik zu sein, die -was Katalonien betrifft- in subtilerer Form noch viele Ziele der Francozeit verfolgt. Der jetzige Ruf der Katalanen nach Unabhängigkeit findet in Deutschland viel Unverständnis, und dieses Unverständnis wird noch gefördert durch eine Medieninformation, die von der Propaganda der spanischen Politik sehr beeinflusst wird.

Diese Webseite will keine Propagandapostille für die Unabhängigkeit Kataloniens sein. Was ich versuchen möchte, ist einfach Fakten darzulegen. Fakten, mit denen ich beweisen möchte, dass wir Katalanen kein verrücktes, egoistisches, unsolidarisches Volk sind, sondern ein offenes und sehr solidarisches, das es aber satt hat, von den spanischen Zentralregierungen gebremst, hintergangen und grundschlecht verwaltet zu werden.

Etwas noch dass ich als sehr wichtig erachte. Seitens der Katalanen gibt es keinen Hass gegen das spanische Volk. Nur eine entschiedene Ablehnung der Methoden ihrer Politikern. Man findet aber leider allzuoft Beispiele von Hass einiger Spaniern gegen Katalonien (davon werden Sie hier einige Proben finden). Hass ist ein zu schlechter Berater, um Zeit damit zu vergeuden. Und noch eines: Wie die überwältigende Mehrheit der Katalanen, die jetzt die Unabhängigkeit unbedingt wollen erachtete ich früher als besser, eine Lösung (Föderale, konföderale), die uns ein einträchtiges Miteinander mit dem Rest Spanien ermöglicht hätte. Die Zeit und die Unversöhnlichkeit der spanische Politik hat aber letzten Endes diese Illusionen zerstört.

Mit diesen Seiten also möchte ich dazu beitragen das Verständnis meiner deutschen Mitbürger für meine katalanischen Landsleute zu verbessern. Ob es mir gelingt, werden nur meine Leser sagen können.

28 Kommentare

  1. Gerardo

    Hola Pere,

    danke für deine Beiträge zum besseren Verständnis de Katalonienkonflikts für Deutsche.
    In der Tertulia Española Düsseldorf – gemischt spanisch-deutsch-lateinamerikanisch – ist Katalonien in letzter Zeit öfters ein Thema.

    Ich habe eine Frage: Gibt es zuverlässige Zahlen zum regionalen Finanzausgleich in Spanien? In deutschen Medien lese ich gelegentlich, dass Katalonien netto 8 % des Bruttoinlandsproduktes nach Madrid überweist, und im Vergleich dazu Bayern 0,8 – 1 % nach Berlin. Lässt sich das so vergleichen oder gibt es zu große systemische Unterschiede?

    Saludo
    Gerardo
    http://www.spanisch-stammtisch-duesseldorf.de
    Co-fundador y Co-organizador

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    • Pere Grau Rovira

      Lieber Gerardo,
      Es gibt gewiss systemische Unterschiede. Ein wesentliches ist es, dass es in Deutschland klare und vereinbarte Regeln gibt zwischen Bund und Länder. In Spanien aber ist es anders. Katalonien, z.B. hat nur über wenig als 5 % der in das Land eingenommenen Steuer die freie Verfügung. Der Rest muss an Madrid überwiesen werden, und dann bestimmt eben Madrid was davon wohin verwendet wird. Und das zitierte 8 % (das manchmal sogar 10 % gewesen ist) ist das Unterschied zwischen den überwiesenen Steuern und die getätigten Investitionen der Zentralregierung. Die Katalanen rechnen dieser Defizit nach monetären Prinzipien, also was wirklich im Lande investiert wurde. In Madrid rechnen es nach den sogenannte „Nutzungseffekt“. Nach diesem Prinzip werden absurde Kriterien verwendet. z.B. Die Kosten der Bauarbeiten bei der Renovierung und Erweiterung des Prado Museums in Madrid, wurden buchhalterisch anteilig als Investitionen in allen Regionen „weil alle Spanier profitieren davon“. Oder : die Kosten der bau der Autobahn Madrid-Barcelona, wurden als Investition in Katalonien gebucht, weil „so ist dir Region besser mit Madrid verbunden“, obwohl von den 600 km. nur ca. 170 zu Katalonien gehören. In Prinzip kann man hier schwer vergleichen Katalonien mit Bayern. Aber wenn Bayern so behandelt würde von der Bundesregierung, wie Katalonien von der Zentralregierung, gäbe es heute in Bayern ein 80 % Separatisten.

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    • Asunción Bosshard

      Hola Pere també jo vaig neixer a Catalunya a l’any 56 i em trobo com molts altres catalans que vull deixar clar el que som i el qué volem. Tenim el dret, es democracia poder votar i es democracia votar el que es vol sense esser perseguit. Gracies per la teva página. Jo visc a Zürich

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  2. Antonia Kellers

    Gracias Pere por tu reportaje, su lectura me ha confirmado lo que yo pienso sobre la actual politica en España. Gracias por haber escrito las verdades sobre mi querida Catalunya. Con respecto a su historia, no hay frase más cierta: „Quien no conoce el pasado no puede comprender el presente“.
    Nací en Barcelona en 1940 y vivo en Alemania desde hace 55 años. En los últimos años he experimentado un aumento de antipatía y rechazo de algunos españoles hacia los catalanes, lo que me llena de tristeza. Esto lo he podido comprobar tambien dirijido a mi personalmente, por eso te agradezco mucho la publicación de tu escrito que ha sido para mi como un cariñoso abrazo.
    Cordialmente, Antonia

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  3. Pedro

    Danke Pere, , bin auch in Barcelona geboren und habe meine Gastarbeiter Leben von 24 Jahren beendet und jetzt lebe seit 35 Jahren in Mallorca. Els teus reportatges m’ajuden molt per poguer argumentar front a alemanys que encara que fa anys que
    viuen aquí demostren una gran ignorància sobre la nostra identitat catalana o mallorquina amb arguments que llegeixen de la premsa alemanya o espanyola .

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  4. Marcel

    Ich gebe offen zu, daß mich all diese Bestrebungen der Souveränität mindestens mal bedenklich stimmen angesichts der Globalisierungszeiten. Immer kleinere neue Staaten macht keinen Sinn für die Zukunft. Aber sei es drum! Interessant ist doch die Bewegung, die sich jetzt – symbolisch oder nicht – bemerkbar macht, dann die Region Barcelona von Katalonien abzuspalten. Es sind haargenau die gleichen Argumente und nichts drüftt aus Sicht der jetzt katalanischen Separatisten dagegen sprechen. Man sieht daran, wie absurd das alles ist, wenn man es mal bis zum Ende durchdenkt !! So hat das einfach keine Chance auf echte Umsetzung

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    • Pere Grau Rovira

      Lieber Marcel: Es hat keinen Sinn das Problem abstrakt zu behandeln. Kleine neue Staaten entstehen nicht aus einer verrückten Laune. Nicht die baltische Staaten, nicht die Nachfolger Jugoslawiens, nicht Irland, oder jeder andere Beispiel die man nennen kann. Diese Staaten (und so auch irgendwann Katalonien) entstehen weil ihre Bewohner, sich von dem Zentralstaat schlecht regiert fühlen, weil ihre Proteste und Vorschläge abgeschmettert werden, weil sie mit einer Arroganz behandelt werden, als ob sie nur Knechte der Hohen Herren wären. Dieser absurder Vorschlag die Region Barcelona abzuspalten, ist nur ein schlechter und geschmackloser Witz einer ultrarechten Gruppe. Die Lösung (nicht ideal, aber praktikabel) war der Autonomiestatut, dass von dem spanischen Verfassungsgericht demoliert wurde. Danach haben die Katalanen achtzehnmal (18!!) immer wieder Lösungsansätze angeboten. Die Antwort immer: Nein und nochmals nein. Sie wissen schon: ein Schuh kann im Schaufenster toll aussehen. Aber nur wer es trägt weißt wo er drückt. Und wenn er nicht so ungemein drücken würde, wäre es nicht zu der jetzige Krise gekommen. Absurd? Seiner Zeit schien auch absurd die amerikanische Rebellion gegen den englischen König….

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  5. Marcel

    Sehr geehrter Pere Grau Rovira,
    ich verstehe durchaus den Unmut oder gar die Wut von Separatisten, wenn sich diese mehr als ungerecht behandelt fühlen. Ich plädiere nur eindeutig und allein dazu, dies nicht immer in die Richtung der Autonomie zu denken. Es wird der Lebenswirklichkeit der Globalisierung nicht gerecht, denn die Meinungsbildung in Kleinstaaten wird sehr bald noch unbedeutender werden wie jetzt. Ich meine damit nicht nur Katalonien sondern selbst große Staaten wie BRD oder Frankreich. Was richten diese Staaten denn heutzutage noch ohne Partner aus. Auch bei uns gibt es Bestrebungen, sich zu separieren von Europa. All diese Richtungen sind ein Irrsin angesichts der Übermacht der Mächtigen. Zusammenschluß ist das Gebot der Stunde !! Die separatistische Bewegung scheint das jedenfalls nicht zu thematisieren. Ja, sie nehmen noch nicht einmal die eigenen ~50% der Nichtbefürworter mit in Ihre Überlegungen. Was sollen die machen? Gehen, bleiben und wenn ja, zu welchen Bedingungen ? All das wird nie publiziert und schon gar nicht in die Familien getragen. Stattdessen die Fahnen aus dem Fenster und ewige Streitgespräche.
    Was die Abspaltung Barcelona von Katalonien betrifft, ist mir egal, welche Gruppe so etwas macht, denn es ist aus meiner Sicht nur eine Darstellung ohne ernsten Hintergrund. Es zeigt aber, wie beliebig die Argumentationen der katalanischen Separatisten bewertet werden können. Ich schreibe bewußt nicht sollten, denn ich verkenne weder den historischen Hintergrund noch die benachteiligende Haltung der spanischen Regierung. Gegen diese Benachteiligung möge man alle Kräfte bündeln und damit versuchen, ganz Katalonien mitnehmen. Die Staatenlösung wird es sicher nie sein aus meiner Sicht. Es wäre ein Rückschritt bzgl. zukünftiger Entwicklungen, denn spätestens danach wird man sich wieder mächtigeren Szenarien anpassen müssen. Gibt es dann erneut eine Art Separatismus ? Wohin dann ?

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    • Pere Grau Rovira

      Herr Dewor,
      Leider glaubt der Autor des Artikels Herr Ingendaay unbesehen was seine Freunde in Madrid sagen. Da er kein katalanisch kann (Das hat er mit vor einiger Zeit selbst gesagt) ist er wahrscheinlich nicht geneigt katalanische Information genügend zu berücksichtigen. Untersuchungen über die Leistungen der Schüler in Katalonien haben ergeben, dass diese oft bessere Noten in Spanisch verläuft, spanisch ist (wenigstens im Großraum Barcelona)weiter die meist gesprochene Sprache in den Pausen und außerhalb der Schule. Es wird nur versucht in Katalonien die große Dominanz des Spanischen zu Gunsten des Katalanische zu verringern. Und bei den „Unabhängigkeitsfanatiker“ ist man allgemein der Meinung, dass in eine Katalanische Republik, Spanisch sollte entweder auch offizielle Sprache oder mindestens ein Sonderstatus besitzen, entsprechend der Zusammensetzung der Bevölkerung. Das wird in Madrid aber totgeschwiegen.

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  6. thomas schrand

    das angeblich unterdrückte ausgebeutete Katalonien hat bei nur 16% Bevölkerungsanteil Spaniens bereits 35% vom FLA staatlichen Autonomiefonds (ein Fonds vom spanischen Staat für die Regionen) bekommen, fast 75 Milliarden !

    https://intereconomia.com/mercados/deuda/la-deuda-catalana-supera-ya-los-78-450-millones-de-euros-10-428-por-catalan-y-duplica-a-la-de-madrid-20181002-1654/

    das Hauptproblem Kataloniens sind Korruption (Katalonien ist zusammen mit Andalusien die korrupteste Region Spaniens) und ein mit katalanischen Nationalisten aufgeblähter Staatsapparat, wo der Regionalpräsident Quim Torra und über 200 hohe Beamte Kataloniens mehr verdienen als der spanische Staatspräsident Pedro Sanchez. Aber wie beim Brexit anstatt sich an die eigene Nase zu fassen zeigt man mit dem Finger woanders hin, Espanya ens roba = Spanien beraubt uns !

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    • Pere Grau Rovira

      Ich weiß schon jetzt, dass meine Antwort Sie nicht überzeugen wird, aber trotzdem ein paar Bemerkungen. Sie vergessen zu erwähnen (oder wird bei „Intereconomia“ bewusst ignoriert, dass in der Zeitspanne, dass Katalonien diese 75 Milliarden bekommen hat, durch der anderen Tür ca. 160 Milliarden mehr an Madrid überweisen müsste, als das was Madrid in Katalonien investierte oder irgendwie bezahlte. Und (nach spanischen Berechnungen, nicht nur katalanischen) die Fälle von gravierende Korruption in Katalonien sind weniger als 10 % der Fälle in ganz Spanien.
      Und (nicht zu vergessen) Katalonien war die erste Region Spaniens die rigoros die Sparmaßnahmen anwendete, die von der Zentralregierung angeordnet wurden (und damit, die Anordnungen der EU an der Regionen weiterleitete, während in Madrid der Schlendrian weiter ging).
      Es werden leider viele Fakenews über Katalonien verbreitet, unter den Mantel von scheinbar seriösen Studien. Und viele normale und ehrliche Menschen (wie Sie) fallen darauf ein…

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  7. Marcel

    Hallo,
    ich melde mich nochmal, weil ich jüngst ein interessantes Detail gelesen, daß auch fast nie beleuchtet wird aber viel aussagt. Ich habe schon 2 mal bemerkt, daß es im Grunde sich die Bevölkerungsgruppen pro spanisch bzw. pro katalanisch in Katalonien fast gleich gegenüberstehen. Wenn aber immer wieder das besondere demokratische Verständnis der Abläufe in Katalonien hervor gehoben wird, so sehe ich schon allein in der Wahlordnung der katalanische Verfassung ein Mißverhältnis, weil – warum auch immer- die Stimmen des ländlichen Bereichs anders nämlich höher gewichtet werden als die von städtischen Gegenden. Das war sowohl 2015 bei der Wahl als auch 2017 entscheidend. Die absolute Stimmenzahl war damals 52% pro spanisch du „nur“ 48% pro katalanisch. Ohne diese Spezialität hätte es gar nicht zu einer solchen Mehrheit kommen können. Wir wäre es denn als Zeichen der Demokratie, diese Besonderheit mal aufzugeben, wenn man zb ein neues Referendum erreichen würde. Widerspricht dies Feinheit des Wahlrechts nicht allen demokratischen Kräften ? Das hat zwar nichts mit den unumstößlichen Willen der Separatisten zu tun, es zeigt aber wieder einmal, welche Dinge im Hintergrund genau beleuchtet werden müssen und das im Hintergrund genau vergleichbare Ränkespiel laufen, die aus meiner Sicht die Legitimation zumindest zwielichtig da stehen lassen. Man bedenke nämlich, daß gerade im ländlichen Raum die Hochburgen der Separatisten liegen

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    • Pere Grau Rovira

      Sehr geehrter Marcel,
      Die spanische Wahlordnung ist genau wie die katalanische. Die wenig bevölkerten Provinzen werden favorisiert und um einen Abgeordneter zu wählen braucht man in Barcelona oder in Madrid, fast doppelte Stimmen als in Cuenca oder Badajoz. Was die 52 % „prospanische“ Stimmen die Sie erwähnen betrifft, lesen Sie bitte meine Antwort an „Wolfgang“. Ich entschuldige mich für meine späte Antwort. Ich war verreist und „Internet-isoliert“…

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      • Marcel

        Nochmal Hallo, und internet-isoliert ist oft wirklich eine Erholung.
        Nun komme ich aber zu meinem Thema und Ihrer für mich doch überraschenden Antwort. Ist etwas falsch oder hat den Verdacht, undemokratisch zu sein, so gehört es abgeschafft. Spanisches Recht, auch Wahlrecht, ist doch für Separatisten alles andere als ein Vorbild. Warum ausgerechnet hier ? Wirft das nicht ein schlechtes Licht auf das Parlament ? Müßte nicht eine separatistische Bewegung gerade das mal ändern, um zu einen wirklich aussagekräftigen Ergebnis aller Engagierten zu kommen, egal welcher Meinung die sind? Ein Ergebnis, daß am Ende alle trifft, diese Alle aber nicht Kopf für Kopf gezählt werden? Was ist daran dann demokratisch genau für diese Frage, die jeden Einzelnen betrifft und genau auf den Proporz von Regionen keine Rücksicht nimmt. Wir hier haben auch ein Gemisch an Wahlrecht zum Ausgleich, aber jede Stimme zählt gleich und nicht doppelt, weil man ländlicher wohnt. Damit schließ ich mein Thema, aber es ist für mich erneut ein Zeichen von mehr Willkür in der Frage als dem Thema gerecht wird.

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      • Pere Grau Rovira

        Sehr geehrter Marcel,
        Seinerzeit wurde in Katalonien die unterschiedliche Gewichtung der Wahlstimmen eingeführt um die ländliche Regionen von der „Übermacht“ des Großraums Barcelona zu schützen. Das Fehlen sowohl in ganz Spanien wie in Katalonien von einer Institution wie der deutschen Bundesrat führte zu dieser Lösung, die auch ich als unbefriedigend und verkehrt erachte. Anscheinend sind es kleinmütige Parteiinteressen, die eine Änderung des Systems verhindert haben. Bei einem unabhängigen Katalonien, gibt es schon Vorschläge (bei einer neuen Verfassung) für einen Zweikammersystem nach deutschen Vorbild. Sei es gemerkt, dass der spanischen Senat, keine Länderkammer ist, sondern ein überflüssiges „Honoratioren Abstellschrank“. Übrigens, so weit ich im Bilde bin, würde eine Änderung des katalanischen Wahlordnung (unter dem jetzigen Umstände) die Erlaubnis der Zentralregierung benötigen, und die wäre nicht sicher. Wie es auch sei, teile ich Ihre Meinung, dass der heutigen System alles andere als befriedigend ist.

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  8. Marcel

    Sehr geehrter Pere Grau Rovira,
    Ihre Antwort ermuntert mich nun doch, weitere Gedanken zu äußern. Lassen wir einmal die Idee des Länderparlaments in der BRD. Ob das so ein gutes Vorbild ist, lasse ich offen und ist auch nicht Gegenstand des „Problems“ der Katalanen. Mir kommt es nicht nur unbefriedigend sondern sogar ungerecht oder mal mindestens unverhältnismäßig vor, daß die parlamentarische Durchsetzung des Separatismus, wie es geschehen ist, auf derart undemokratischen Wahlmitteln bauen muß. Denn der Proporz der Regionen ist genau für diese Frage völlig irrelevant. Wäre es nicht nach innen und vor allem nach außen viel durchschlagskräftiger, wenn man sich wenigstens bei Referenden darauf stützen könnte, Kopf für Kopf zählen, wie und wenn es bei Wahlen aus Gesetzesgründen nicht geschehen kann. Oder war das bei dem damaligen Referendum ausgesetzt ? Wurde also bei den früheren Referenden Kopf für Kopf gewertet, oder auch nach Proporz, wie das nun mal leider bestehende Wahlgesetz ? Wenn das bisher zu dieser Frage nie so geschehen sein sollte, was ich nicht genau weiß, wirft das echt ein fragwürdiges Licht auf Vieles, was jetzt demokratisch genannt wird. Für mich wäre das dem Anlaß gemäß auch total unangemessen und würde für mich einen langen Schatten werfen.

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    • Pere Grau Rovira

      Lieber Marcel,
      Bei dem Referendum wurde, selbstverständlich, „Kopf für Kopf“ gezählt. Das Manko war, dass ca. 700.000 Wahlzettel von der Polizei konfisziert wurden und nicht gewertet werden konnten. Sonst wäre schon bewiesen, dass es doch eine Mehrheit für die Unabhängigkeit gibt. Eine Mehrheit, die über alle Zweifel erhaben wäre.

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      • EinDeutscherInCatalonien

        So einen Quatsch kann man nur erzählen, wenn man in Deutschland im Elfenbeinturm wohnt. In meinem gesamten Bekanntenkreis ist kein einziger Nichtseparatist zu dieser illegalen Veranstaltung gegangen um ein papel mojado in die urna de los separatistas zu werfen. Die Separatisten sind alle mit fliegenden Fahnen hingerannt und haben für die Abspaltungspläne ihres bekloppten Carles gestimmt. Und das soll ein aussagekräftiges Ergebnis sein? Viele sind hier der Meinung, das es in der Zeit vom 155 besser war als unter ERC/CiU-Nachfolger.
        Und in der Zeit, wo sie einfach das Parlament zugeschlossen haben, hat man auch nichts davon gemerkt, das keine Politiker da sind.

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      • Pere Grau Rovira

        Sehr geehrter Leser,
        Es gab auch „Nein“-Stimmen. Also es gingen nicht nur „Separatisten“ zur Wahl. Und die Unabhängigkeitsgegner vergessen, dass bei einer viel größere Wahlbeteiligung, sagen wir 2 Millionen mehr, und dass die zusätzliche Stimmen „Nein“ gewesen wären, auch das „Ja“ gewonnen hätte. Lesen Sie bitte wieder die Einzelheiten in meinem damaligen Artikel: https://peregraurovira.wordpress.com/2017/10/03/das-referendum-2/
        Und wenn Sie meinen, dass unter § 155 alles besser war, haben Sie, mit Verlaub, ein merkwürdiges Verständnis des Wortes „Demokratie“. Wobei man nicht vergessen darf, dass § 155 keineswegs erlaubt eine Regierung abzusetzen oder ein Parlament aufzulösen.

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  9. Marcel

    Ich erlaube mir nach den Ereignissen von Perpignan erneut eine kurze Anmerkung und bin erschrocken über die Wortwahl. Hört sich fast kriegerisch an und da bin ich sehr sensibel. So kann nichts Nachhaltiges gelingen, zumal die Separatisten immer noch kein oder kaum ein Wort dazu sagen, wie man mit den anderen ca. 50% Meinungsgegnern umgeht, die das „neue“ Katalonien ja wohl nicht verlassen sollen. Zumindest ich höre kein Wort, um diese fast gleich große Gruppe in irgendeiner Weise „mitzunehmen“. Das ist mehr als nur nachlässig, es ist ein Grund, weshalb der Druck von außen, gerecht- oder ungerechtfertigt, und der Protest dagegen eben nicht die Legitimation nach innen in so ausreichendem Maße vergrößert, das es einer Volksbewegung auch nur annähernd gleicht. Ich hab es schon mal gefragt, sollen die Menschen anderer Meinung Auswandern, sind das dann Ausländer ? Mir scheint bei aller gewaltfreien Besonnenheit der Separatisten der Weg immer noch verbaut, weil es an der inneren Zerrissenheit des Landes scheitert.

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    • Pere Grau Rovira

      Sehr geehrter Marcel,
      Es ist ein Irrtum zu reden von „den anderen 50 % Meinungsgegnern“ obwohl das ist ein ständigen benutzten Argument seitens Madrid. Nein. Wie ich mal auch erklärt habe, eine der glaubwürdigsten Umfragen im letzten Jahr, lautete: 48 % für die Unabhängigkeit, 32 % dagegen und 20 % Gleichgültige (die nicht in einem Referendum abstimmen würden, oder eine ungültige Stimme liefern würden -eine Entscheidung, dass ich nie verstehen werde-). Das entspricht viel eher an den Ergebnissen in anderen Ländern in Volksentscheidungen dieser Art. Und keine Bange: die katalanische Seite ist viel toleranter als die spanische. Kein Mensch soll wegen seine Ideen auswandern. Und vergessen Sie nicht, dass es jetzt nicht mehr nur um die Unabhängigkeit geht sondern um die Verteidigung der Grund- und Demokratische Rechte, welche die spanische „Justiz“ ständig verhöhnt und verletzt.

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  10. Marcel

    Hallo und nochmal zum gleichen Themenbereich, mir geht es nicht um Argumente von außen und ob die zufällig gleich sind. Ich stelle mir die Frage, wie sich die ~50% fühlen, wenn die plötzlich in Ihrer Heimat als Ausländer angesehen werden (müssen). Sie lieben Ihr Katalonien aber eben auch Spanien und haben welche Perspektiven. Mag die Frage noch nicht auf der Tagesordnung stehen, stört sie doch die Bemühungen, eine echte Volksbewegung zu mobilisieren. Wenn sich wirklich niemand um die Frage kümmert und man stattdessen „nur“ die andere Hälfte der Menschen als legitimierte Mehrheit für möglicherweise epochale Frage Katalonien ausreichen läßt, ist das genau die Schwäche der Bewegung nach innen. Das hat nichts damit zu tun, daß Spanien ähnliche Argumente „ausnutzt“. Es fehlt eben ein schlüssiges Konzept für das Ganze, wie man eben alle mitnimmt.

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  11. R.

    Ich habe ja noch Hoffnung, das die Indepes noch rechtzeitig merken, dass sie von den Pujols, Puigdemonts bis Torras nur verarscht werden. Auch bei den Separatistenpolitiker sind sogar welche dabei, die den Scheiss wirklich sogar selber glauben.

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  12. David Ferrer

    Sehr geehrter Herr Grau,

    ich bin Student der Rechtswissenschaften und schreibe derzeit meine Seminararbeit zum Thema „Rezessionen in der EU: Krise oder Renaissance des Nationalismus“.

    Würden Sie sagen, das es sich bei der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien um eine nationalistische Bewegung handelt?
    Falls nein, warum nicht?
    Denken Sie, dass Europa in Zukunft mehr nationalistische oder mehr anti-nationalistische Bestrebungen erwarten werden?

    Vielen dank im Voraus

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