Über das Nationalismus Konzept
Beeinflusst durch die spanische Propaganda gegen Katalonien sehen viele in Deutschland oft die katalanische Unabhängigkeitsbewegung als einen Ausdruck eines gestrigen und verdammenswerten Nationalismus. Ein Irrtum, der anscheinend nicht totzukriegen ist.
Am letzten 3. Juni fand in Hamburg eine Veranstaltung über den katalanischen Konflikt statt, an der der katalanische Präsident im Exil, Carles Puigdemont, teilnahm. Organisiert von der Partei Die Linke wurde sie von der Abgeordneten dieser Partei im Bundestag, Zaklin Nastic, moderiert. Fr. Nastic zitierte diesen oft den Katalanen gemachten Vorwurf, und fragte: “ Herr Puigdemont, sind Sie ein Nationalist?“. Puigdemont lächelte. In seiner Antwort, hier in sehr kurzer Fassung, meinte er, dass der traditioneller nationaler Staat, der sich oft ethnisch definiert, mit einem einzigen Volk, einer einzigen Kultur und einer einziger Sprache, der Vergangenheit angehört. „Wie leben täglich zusammen mit verschiedenen Sprachen und Kulturen“ -sagte er- . „In dieser neuen Realität gibt es keinen Platz für ausschließende Nationalismen, die immer nur Unheil gebracht haben. Wie Katalanen sind nicht Nationalisten in diesem Sinne, sondern sind selbst ihre Opfer gewesen“. Der katalanische Nationalismus, fügte er hinzu, bestand und besteht daraus, sich gegen jenen anderen Nationalismus zu wehren, welcher die Merkmale der katalanischen Identität, mal offen mal heimlich, auslöschen möchte.
Der katalanische Starjournalist Vicent Partal, den ich hier oft zitiert habe, hat sich neulich mit diesem Thema in einem seiner Artikel befasst („Entweder die spanischen Nationalisten oder wir“). Hier einige der einleuchtenden Fragmente seines Textes:
„Ohne ein Nationalismus vor dir und gegen dich, das dich dazu zwingt Nationalist zu sein, würde niemand Nationalist werden (…) Alles, alles hat seinen Ursprung in der spanischen nationalistischen Offensive.
…Der Staatsnationalismus hat eine heftige Dämonisierungskampagne des Wortes, der gerade für ihn anwendbar ist. Sie meinen, dass wir Nationalisten sind, sie aber nicht. Und mit dieser Taktik, wird der Nationalismus als etwas nur schlechtes dargestellt…
…Wesentlich ist Nationalismus weder gut noch schlecht. Es hängt von dem gebrauch ab, den man davon macht. Der Nationalismus von Salvini und der ganzen Rechtsextremen, der von George Bush, der von denen, welche die Rohingya verfolgt und attackiert haben, der von Erdogan, der von General Franco und seinen gekrönten Nachfolgern, der von Putin, der Dissidenten tötet, ist selbstverständlich ein verdammenswerter Nationalismus. Aber dieser hat nichts zu tun mit dem Nationalismus der jungen Leute in Hong-Kong, mit dem von Adenauer, Monnet, De Gasperi oder Churchill, mit dem von Malcolm X oder Gandhi (…) oder mit dem des katalanischen Präsidenten Companys, der „Es lebe Katalonien“ rief, als er [von Francos Militärjustiz zum Tode verurteilt] erschossen wurde. (…) Nationalismus ist ein Vektor, ein Wechselbringer. Zum besseren oder zum schlimmeren. Hängt von der Richtung ab… „
Wir Katalanen, unterscheiden zwischen „aggressiven“ und „defensiven“ Nationalismus. Der zweite ist eine Folge des ersten. Er entsteht, wenn alle Versuche und Vorschläge über rationale und friedliche Wechsel und Reformen abgeschmettert werden, wenn kein echter Dialog zustande kommen kann, weil der aggressiver Nationalismus nur die Unterwerfung akzeptiert.
Und dieser defensive Nationalismus, gerade weil er die Folgen des aggressiven erlitten hat, wird im Gegenteil zu jenem, nicht ausschließender sondern offener. Er entwickelt die eigene Identität, aber erwürgt nicht die von Mitbürger, welche eine andere haben, sondern respektiert sie.
Nur wenn das alles berücksichtigt wird, kann man den jetzigen Konflikt zwischen Spanien und Katalonien verstehen. Kein Katalane würde (weil er das als lächerlich empfinden würde) etwas Vergleichbares zu dem sagen, was neulich der spanische Regierungschef Pedro Sánchez sagte: „Eine der besten Sachen, die jemandem in dieser Welt geschehen kann, ist als Spanier geboren zu sein“. Oh, nein! Wir Katalanen sehen wir uns keineswegs als eine Krone der Schöpfung an, sondern als Leute, wie alle in dieser Welt, die nicht besser und nicht schlechter sind, mit großen Tugenden und mit großen Fehlern. Und wir möchten nur, wie alle anderen, selber über unserer Leben bestimmen, wie wir es für richtig halten. Nur daran besteht unser Nationalismus. und es ist ermüdend, diese Selbstverständlichkeit immer wieder erklären zu müssen.
Toller Bericht.
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naja, stimmt leider nicht !! Wenn dieser katalanische Nationalismus so toll ist warum wird die spanische Sprache im Katalanischen Schulsystem dämonisiert ? Warum werden Unternehmen die in spanisch inserieren von der nationalistischen Regionalregierung Kataloniens mit Geldstrafen verfolgt ?
hier auch ein Bericht der FAZ darüber : https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/in-katalonien-wird-in-einer-schule-spanisch-vom-lehrplan-verdraengt-16233270.html
und falls der nicht genehm ist auch ein Bericht der linken Zeitung aus Berlin Jungle World , Titel hört die völkischen Signale !!
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Herr Schrand, der Artikel von Herrn Ingendaay im FAZ ist das Ergebnis seiner Umwelt. Er glaubt unbesehen die Märchen, dass seine Freunde in Madrid unentwegt propagieren. Und das habe ich ihm auch, höflich, schon viel früher gesagt. Ich wiederhole was ich mehrmals gesagt habe: 1. Die Noten für Spanisch der Schüler in Katalonien, sind besser als die von vielen in ganz Spanien. 2. Ziel der Sprachenbildung in Katalonien ist es, dass bei Schulabgang, alle Katalanisch, Spanisch und Englisch ausreichend beherrschen. Und das scheint zu funktionieren. Was in Madrid geflissentlich ignoriert wird.
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